Echte Teilhabe ermöglichen
Zum 30. Geburtstag veranstaltete proviel das Business Breakfast von wuppertalaktiv!.
Was macht proviel aus? Warum sind Werkstätten für Menschen mit psychischen Behinderungen so wichtig? Das erklärte Christoph Nieder, Geschäftsführer von proviel, den 150 Gästen beim Business Breakfast von wuppertalaktiv!. Anlässlich des 30. Geburtstags der proviel GmbH hatte proviel in die Alte Glaserei eingeladen. Wegbegleiter, Politiker und Neugierige aus Industrie und Dienstleistungen waren gekommen. Einblicke in die Werkstätten gaben die großformatigen Fotos von Andreas Fischer, die die Wände schmückten.
Was es bedeutet, psychisch zu erkranken, machte die Poetry-Slammerin Anna Lisa Azur sehr emotional deutlich: In Reimen erzählte sie von ihrem besten Freund, der das Lachen verlernte, sich immer mehr zurückzog, keine Kraft mehr hatte. Bis sie es schaffte, ihn in Therapie zu bringen und er sich Schritt für Schritt ins Leben zurückkämpfte.
„Die Menschen kommen durchschnittlich mit 41 Jahren zu uns. Ihr Fass an negativen Erfahrungen ist zu diesem Zeitpunkt meist unfassbar voll“, verdeutlichte Christoph Nieder. „Unser Auftrag ist es, den Menschen eine positive Verstärkung zu geben und ihnen eine neue Perspektive zu ermöglichen.“ Diese Menschen seien sehr unterschiedlich, erklärte er. Es gebe studierte Experten, die von der Erkrankung mitten aus dem Berufsleben gerissen wurden, und Menschen, deren Beeinträchtigung jeglichen Erfolg in Schule oder Beruf bis jetzt verhindert hat. Deshalb arbeite proviel individuell und personenzentriert.
Mitarbeitende schätzen ihren geschützten Raum
Gleichzeitig wurde deutlich, dass Gedanken aus unterschiedlichen Kreisen der Politik, Werkstätten abzuschaffen, nicht zu mehr Inklusion führen würde. „Wir rollen unseren Leuten einen roten Teppich in Richtung erster Arbeitsmarkt aus, qualifizieren sie, vermitteln ihnen Selbstbewusstsein, begleiten sie – aber pro Jahr sind es nur sechs bis acht Menschen von rund 700, die das schaffen“, sagte Christoph Nieder. „Die meisten schätzen den geschützten Raum bei proviel. Wir wollen uns nicht über den zählbaren Wechsel auf den ersten Arbeitsmarkt messen lassen.“
Und auch die Maßnahme Train2be, mit der forum/proviel im Auftrag des Jobcenters Langzeitarbeitslose mit multiplen Vermittlungshemmnissen wieder in Richtung Arbeitsleben trainieren und qualifizieren, ist im aktuellen Bundeshaushalt 2025 in Gefahr. Das bemängelten auch die Politiker. „Ihr könnt euch darauf verlassen: Ich werde dafür kämpfen, dass das Budget für die Eingliederung, Integration und Inklusion erhalten bleibt“, versprach der Landtagsabgeordnete Josef Neumann. „Ohne stabile Strukturen gibt es keine Inklusion.“ Der ehemalige Sozialdezernent Stefan Kühn pflichtete ihm bei: „Wir müssen Arbeit finanzieren und nicht Arbeitslosigkeit. Wie wir mit Menschen umgehen, hat etwas mit Würde zu tun.“
In vielen Einzelgesprächen bekräftigten die Besucherinnen und Besucher anschließend bei Kaffee, Smoothies, belegten Broten, Rührei und Müsli, wie wichtig sie die Arbeit von proviel finden. Das Führungsduo von Culinaria, mit denen proviel im Zoo-Restaurant Okavango zusammenarbeitet, bekräftigte die Bedeutung: „Die Kooperation ist für beide Seiten ein Gewinn. Unser Betriebsklima ist dadurch auch besser geworden“, betonten Vivien vom Hagen-Köhn und Carsten vom Bauer.
Nach dieser ersten Feier haben dann viele helfende Hände das Gelände umgebaut. Denn am nächsten Tag steigt die Geburtstagsfeier für alle Mitarbeiter*innen und Maßnahmeteilnehmer*innen, die der eigentliche Höhepunkt ist.