Wachstum in Vielfalt
Jubiläumsartikel in „der BERGISCHE UNTERNEHMER“ anlässlich unserer Gründung vor 25 Jahren
Rund 1.270 Menschen haben ihre berufliche Heimat bei proviel in Wuppertal und dem Mutterverein forum e.V. In diesem Jahr feiert die gemeinnützige GmbH ihr 25-jähriges Jubiläum. 25 Jahre, in denen im besten Sinne erfolgreich berufliche Integration und Inklusion bewirkt wurde – für mehr Teilhabe und einen besseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Überdies hat sich proviel aus kleinen Anfängen als verlässlicher und qualitätsorientierter Dienstleister für die heimische Wirtschaft entwickelt. Ein fortschrittliches Unternehmen, das aus der bergischen Region nicht mehr wegzudenken ist.
Viele schöne Erfolge hat die proviel GmbH im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts zu verzeichnen. Das Unternehmen ist stetig gewachsen, hat sich im Wirtschaftsraum Bergisches Land etabliert und das Wichtigste: Vielen Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, ist Zufriedenheit und ein erfülltes Arbeitsleben ermöglicht worden. „proviel hat mich stark gemacht“, sagt zum Beispiel Nicole Karl, die seit 2002 bei proviel beschäftigt ist und nun im CAP-Frischemarkt am Eckbusch in Wuppertal arbeitet. Durch behutsames Hinführen und viele reflektierende Gespräche mit den proviel-Fachleuten hat sich die Verkäuferin weiterentwickelt und kann heute trotz ihrer gesundheitlichen Einschränkungen im Markt ihre Frau stehen.
Passgenau den richtigen Arbeitsplatz
proviel ist die erste Werkstatt für behinderte Menschen im Rheinland, die sich ganz auf psychische Beeinträchtigungen spezialisiert hat. Mit verschiedenen Krankheitsbildern umzugehen und sich darauf einzustellen, ist täglich eine große Herausforderung. Daher definiert proviel-Geschäftsführer Christoph Nieder Wachstum auf eine sehr individuelle Weise. „Wir müssen in Vielfalt expandieren“, sagt er. Soll heißen: Für alle Bedürfnisse muss es möglichst passgenau die richtigen Arbeitsplätze geben. Das Alter, die vorhandenen Qualifikationen und die Grenzen der Arbeitsbelastung sind bei den Mitarbeitenden sehr unterschiedlich. „Unsere Philosophie ist: Wir haben für jeden chronisch psychisch kranken oder psychisch behinderten Menschen in Wuppertal die passende Arbeit. Je größer der Strauß an Möglichkeiten ist, desto besser“, erklärt Christoph Nieder. Da gibt es Aufgaben im Einzelhandel, in der Kommissionierung und Verpackung, in der Elektromontage oder der Hauswirtschaft, in der Metallbearbeitung oder in der Küche – um nur einige Beispiele zu nennen. Auch die Arbeitszeit, die von den Arbeitnehmern täglich geleistet werden kann, ist unterschiedlich und Schwankungen unterworfen. Dies muss bei der Arbeitsplanung ebenso berücksichtigt werden. Denn schließlich ist proviel seit 25 Jahren ein zuverlässiger Partner seiner Kunden. „Qualitätssicherung wird bei uns groß geschrieben“, betont Nieder.
„Der perfekte Partner“
Denn auch wenn Kunden, die die Dienstleistung bei proviel nachfragen, mit dem ersten Blick sehr offen auf den gemeinnützigen Arbeitgeber schauen, müssten die Aufträge dennoch genauso pünktlich und zuverlässig bearbeitet werden, wie von jedem anderen Unternehmen auch. „Dazu haben wir eigens in den Produktionsabteilungen Bereiche mit Prüf- und Kontrollarbeitsplätzen installiert“, erläutert Christoph Nieder. Christof Schmidt, geschäftsführender Gesellschafter der Schaeffertec GmbH, bringt die Zusammenarbeit auf den Punkt: „proviel ist für uns der perfekte Partner. Die Zusammenarbeit bringt uns einen großen Gewinn an Geschwindigkeit. Die Prozesse stimmen, die Termine werden eingehalten und die menschliche Ebene passt sowieso.“
Hoch moderner Wirtschaftsbetrieb
So präsentiert sich dem Besucher an den verschiedenen Standorten insgesamt ein hoch moderner Wirtschaftsbetrieb, der überdies den Beschäftigten einen geschützten Rahmen gibt, um sich stetig weiterzuentwickeln und auch mal Rückschläge zu verkraften. Immer wieder gelingt es Männern und Frauen zudem auch, die Werkstätten zu verlassen und mit engmaschiger Begleitung durch die Fachleute von proviel eine Arbeit in einem anderen Unternehmen aufzugreifen. Im besten Fall mündet solch eine Beschäftigung in einem festen, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsvertrag. In Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels werden die Unternehmen flexibler und aufgeschlossener. „Die Firmen schauen richtigerweise zunehmend zunächst einmal auf den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin und dann erst auf die Arbeit. Sie können zeigen, wo ihre Stärken liegen und welche Aufgaben sie gut und stressfrei übernehmen können“, stellt der proviel-Geschäftsführer fest. Und da derlei Maßnahmen bezuschusst werden, sei mehr Zeit, um jemanden erfolgreich einzuarbeiten – ein Gewinn für beide Seiten.
Innerer Antrieb, anderen Menschen zu helfen
Um den Arbeitnehmern mit Beeinträchtigung die größtmögliche Teilhabe am Arbeitsmarkt zu gewährleisten, braucht proviel natürlich auch Mitarbeiter, die mit dem notwendigen Sachverstand und behutsamer Ansprache die entsprechende Anleitung und Aufsicht übernehmen. Eine gute Fachkraft für Arbeits- und Berufsförderung sollte eine abgeschlossene Berufsausbildung und mehrjährige Berufserfahrung haben. Hinzu kommt dann eine pädagogische Zusatzausbildung. Weiterhin gehören Sozialarbeiter und Psychologen zum Team. „Der innere Antrieb, anderen Menschen helfen zu wollen, ist bei vielen unserer Angestellten verbreitet. Sie erleben dann eine sehr befriedigende Arbeit, wenn sie sehen, wie ihre Mitarbeiter sich gut entwickeln.“
Neues Selbstwertgefühl
Eine Arbeit zu haben, dafür bezahlt zu werden und einem geregelten Tagesablauf nachzugehen, ist für jeden Menschen ein wesentlicher Baustein für ein erfülltes Leben. „Nicht zu wissen, wie der Tag ausgefüllt werden kann, ist auch für einen Gesunden nicht einfach“, sagt Nieder und bringt noch einen weiteren Gesichtspunkt auf die Agenda: „Viele Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder Behinderung haben Familien. Wenn sie ihren Kindern sagen können: Der Papa oder die Mama geht zur Arbeit, ist das für alle Beteiligten ungeheuer wertvoll und ein großer Schritt nach vorne.“ Arbeit gibt den proviel-Klienten ein neues Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Lebensqualität, die sich also positiv auch auf ihr Umfeld auswirkt. Deshalb kann Christoph Nieder nur warnen, derlei Einrichtungen für behinderte bzw. chronisch kranke Menschen aufzugeben. „Die Betroffenen nur zu alimentieren, ist absolut nicht der richtige Weg. Wir müssen auch den Schwachen in unserer Mitte Teilhabe verschaffen.“ Als wichtigen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Das gesamte Heft finden Sie hier: Der Bergische Unternehmer 0919 Webversion
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